Wiederaufleben der elterlichen Unterhaltspflicht nach Aufnahme eines neuen Studiums

Bricht das Kind ein Studium bereits nach wenigen Monaten ab, um über Sponsorengelder eine Karriere als Profisportler anzustreben, kann dies zum Erlöschen der Unterhaltspflicht führen. Nimmt das Kind daraufhin jedoch wieder ein Studium auf, führt dies zum Wiederaufleben der Unterhaltspflicht, wenn das Kind für die neue Ausbildung geeignet ist und diese zielstrebig verfolgt.

  

SACHVERHALT

Der Vater war aufgrund einer Vereinbarung aus dem Jahr 2004 verpflichtet worden, einen monatlichen Unterhalt in Höhe von EUR 420 zu leisten. Nach der HTL-Matura und geleistetem Präsenzdienst hatte der Sohn im Jahr 2010 ein Soziologiestudium an der Universität Innsbruck begonnen. Dieses brach er jedoch bereits im Januar 2011 wieder ab, um eine Karriere als professioneller Sportkletterer zu verfolgen.

Ende März 2011 teilte er seinem Vater mit, dass er die Unterhaltszahlungen „bis auf weiteres“ einstellen könne. In der Folge erzielte der Sohn Einnahmen aus Sponsorengeldern, welche für die Bestreitung des Lebensunterhaltes jedoch nicht ausreichten. Im September 2012 nahm der Sohn ein anderes Studium auf, welches er zielstrebig betrieb. Er lebte zwar in Innsbruck, verbrachte die Wochenenden jedoch regelmäßig in Vorarlberg bei seiner Mutter, welche in diesen Zeiten das Kochen und Wäschewaschen übernahm.

Der Sohn begehrte vom Vater nachträglich monatlichen Unterhalt für die Zeit zwischen April 2011 und August 2013 in Höhe von EUR 1.000. Der Vater hingegen strebte die gänzliche Enthebung von der Unterhaltspflicht an.

 

RECHTLICHE BEURTEILUNG 

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes (OGH) können volljährige Kinder zwar nicht schlechthin auf den gesetzlichen Unterhalt verzichten; ein Verzicht auf einzelne Unterhaltsleistungen oder Teilen davon ist jedoch zulässig. Die Erklärung des Sohnes von Ende März 2011, dass der Vater die Unterhaltszahlungen wegen des Studienabbruchs „bis auf weiteres“ einstellen könne, sei somit wirksam. Dass der Sohn nach dem Scheitern seiner selbstständigen Tätigkeit im September 2012 jedoch ein anderes Studium aufgenommen und zielstrebig betrieben habe, lasse die Unterhaltspflicht des Vaters wieder aufleben.

Wird das Studium vom Sohn ernsthaft und zielstrebig betrieben, so zögere dies den Eintritt seiner Selbsterhaltungsfähigkeit hinaus. Dies gelte nicht nur Absolventen einer allgemein bildenden höheren Schule, sondern gleichermaßen für Absolventen einer berufsbildenden mittleren oder höheren Lehranstalt, selbst wenn der Schulabschluss zur Ausübung eines Berufes befähigen würde.

Das studierende Kind habe regelmäßig die Wochenenden bei einem Elternteil verbracht, der in diesen Zeiten das Kochen und Wäschewaschen übernahm. Darin erkannte der OGH relevante Betreuungsleistungen der Mutter, wodurch sie ihre Unterhaltspflicht im Sinne des § 231 Abs 2 ABGB erfüllt habe. Die Geldunterhaltspflicht treffe daher allein den anderen Elternteil.

 

OGH 09.04.2015, 2 Ob 7/15s