In einem Obsorgeverfahren dürfen Beugestrafen nur als letzte Möglichkeit eingesetzt werden, damit ein Elternteil seiner Mitwirkungspflicht an der Erstellung eines Sachverständigenbeweises nachkommt.

In einem Pflegschaftsverfahren begehrte der Vater das alleinige Sorgerecht für das gemeinsame Kind. Das Erstgericht holte ein psychologisches Gutachten ein, welches der Mutter mangelnde Erziehungsfähigkeit attestierte. Zudem regte das Erstgericht eine psychiatrische Untersuchung an, da tiefgreifende psychische Beeinträchtigungen der Mutter nicht ausgeschlossen schienen.

Die Mutter erklärte, eine psychiatrische Untersuchung in jeder Hinsicht abzulehnen. Das Erstgericht beschloss daraufhin die Verhängung einer Strafe über die Mutter, damit diese sich der Untersuchung unterzog. Die Mutter bekämpfte die Strafe, diese wurde jedoch vom Rekursgericht bestätigt. Nach Ansicht des Rekursgerichts könne die Mutter zwar nicht zur aktiven Teilnahme zu einer psychiatrischen Untersuchung gezwungen werden, dennoch sei bereits ihr bloßes Erscheinen für die Erstellung eines Gutachtens hilfreich.

Der Oberste Gerichtshof hob die Strafe hingegen auf. Die Verhängung einer Beugestrafe sei nur als letzter Ausweg („ultima ratio“) in Betracht zu ziehen. Dem Erstgericht lag bereits ein psychologisches Gutachten vor. Ob ein zusätzliches psychiatrisches Gutachten für eine Entscheidung notwendig ist, durfte in diesem Fall bezweifelt werden. Die bloße Anreise zu einem Sachverständigen darf nur dann mit Beugestrafe durchgesetzt werden, wenn keine milderen Mittel zur Verfügung stehen und dies tatsächlich erforderlich ist.

 

OGH 28.10.2013, 8 Ob 89/13s