Privatwirtschaftliche Haftung des Kindergartenbetreibers bei Verstoß gegen die Aufsichtspflicht

Der Oberste Gerichtshof bestätigte in einer gerade ergangenen Entscheidung unsere Rechtsansicht und stellte fest, dass die Haftung der Marktgemeinde Frastanz als Betreiber eines Kindergartens bei einem Verstoß gegen die Aufsichtspflicht privatrechtlicher Natur ist und nicht nur Amtshaftungsansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz geltend gemacht werden können. Daran ändert auch das verpflichtende Kindergartenjahr nichts.

Eine privatwirtschaftliche Haftung des Betreiber ist für das von uns vertretene, schwer verletzte minderjährige Kind besonders wichtig, da diese Haftung wesentlich strenger ist, als bloße Amtshaftungsansprüche. Die erstinstanzliche Entscheidung des Bezirksgerichtes Feldkirch und die Berufungsentscheidung des Landesgerichtes Feldkirch wurde durch den Beschluss des Obersten Gerichtshofes jetzt aufgehoben und bestätigt, dass ein Verstoß gegen die Aufsichtspflichten eine privatwirtschaftliche Haftung begründet und sohin das Bezirksgericht zuständig ist.

 

Die Entscheidung zum  Nachlesen:

OGH, 1 Ob 183/15s

 

Der Kläger besucht, seitdem er dreieinhalb Jahre alt ist, den von der beklagten Gemeinde betriebenen Kindergarten; im Jahr 2014 tat er dies im Rahmen der Besuchspflicht nach § 13b Vorarlberger Kindergartengesetz.

Der Kindergarten ist von 7:00 Uhr bis 11:30 Uhr, mit verlängerten Öffnungszeiten bis 12:30 Uhr sowie jeweils am Montag, Dienstag und Donnerstag von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr, geöffnet. Nach seiner erstmaligen Anmeldung in der Gemeinde füllte seine Mutter lediglich ein Blatt im Kindergarten aus, an welchen Tagen sie die Verlängerung bis 12:30 Uhr in Anspruch nehmen wollte, „buchte“ das Modul

„Betreuung und Mittagessen“ und bezahlte nur für das Mittagessen. Der Kläger fuhr morgens mit dem Bus zum Kindergarten und hielt sich dort von ca 7:55 Uhr bis 12:30 Uhr auf.

Der   Kläger     begehrt     Schadenersatz  und die Feststellung der Haftung der beklagten Gemeinde aufgrund des Unfalls vom 26. 2. 2014. Er brachte dazu vor, er habe sich beim Turnen im Kindergarten verletzt, und warf einer Kindergartenpädagogin einen Verstoß gegen die Aufsichtspflicht vor.

Die beklagte Gemeinde wandte die Unzuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichts ein. Sie legte dar, es handle sich beim geltend gemachten Anspruch um einen solchen nach dem Amtshaftungsgesetz (AHG), weil der Kindergartenbesuch des damals sechsjährigen Klägers im Rahmen der Besuchspflicht nach § 13b des Vorarlberger Kindergartengesetzes im Jahr vor Beginn der Schulpflicht stattgefunden habe. Dafür sei gemäß § 9 Abs 1 AHG das Landesgericht zuständig.

Das Erstgericht stellte über den eingangs festgehaltenen Sachverhalt hinaus fest, dass die Mutter am 26. 2. 2014 gegen 9:45 Uhr einen Anruf aus dem Kindergarten erhielt, dass dem Kläger „etwas passiert“ sei. Es sprach seine sachliche Unzuständigkeit aus und wies die Klage zurück, weil es in Auslegung des Vorarlberger Kindergartengesetzes schlussfolgerte, dass das verpflichtende Kindergartenjahr der Schulpflicht gleichkomme, und die Kindergartenpädagogin als Organ iSd § 1 AHG einstufte.

Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht nicht Folge. Der Rechtsträger eines Kindergartens erfülle nun im Rahmen der gesetzlichen Besuchspflicht typisch staatliche Aufgaben, nämlich jene der Erziehung und vorschulischen Bildung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob der Betrieb eines Kindergartens, insbesondere dann, wenn eine Besuchspflicht bestehe, der Privatwirtschaftsverwaltung unterliege oder ob dabei dem Rechtsträger vom Gesetz auch Hoheitsrechte eingeräumt seien, fehle.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig und berechtigt. Der Kläger führt in seinem Revisionsrekurs aus, eine Körperschaft öffentlichen Rechts handle im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, wenn grundsätzlich eine rechtliche Gleichordnung dieser Körperschaft mit anderen Rechtsobjekten bestehe; im Zweifel sei Privatwirtschaftsverwaltung anzunehmen. Daran, dass der Betrieb eines Kindergartens in die Privatwirtschaftsverwaltung falle, könne auch die Besuchspflicht nichts ändern.

Diesem Standpunkt hält die beklagte Gemeinde in ihrer Revisionsrekursbeantwortung entgegen, dass mit der Besuchspflicht der Rechtsträger des Kindergartens beim Betrieb zur Besorgung öffentlicher Aufgaben herangezogen werde und die Fürsorge für soziale Interessen, nämlich die in der Vereinbarung gemäß § 15a B-VG verankerten Bildungsaufgaben, wahrnehme.

 

Dazu ist Folgendes zu erwägen:

Nach 1 Abs 1 AHG haften der Bund, die Länder, die Gemeinden, sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts und die Träger der Sozialversicherung nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben; das Organ haftet dem Geschädigten nicht.

Die Frage, ob eine bestimmte Aufgabe zu ihrer Wahrnehmung der Hoheitsverwaltung oder der Privatwirtschaftsverwaltung übertragen ist, ist ausschließlich nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften zu beurteilen; es gilt daher unter Ausschöpfung aller Interpretationsmöglichkeiten zu ermitteln, welche Vollzugsform der Gesetzgeber angewendet wissen will (vgl RIS-Justiz RS0102497). Für die Abgrenzung kommt es unter anderem darauf an, ob mit dem zu beurteilenden Handeln staatlicher Verwaltungseinrichtungen typisch staatliche Aufgaben erfüllt werden, und ob dieses Verwaltungshandeln rechtstechnisch auf hoheitlicher Grundlage (Verordnung, Bescheid) beruht (s dazu nur Schragel³, AHG Rz 72 f, 75 f). Dabei sind insbesondere auch die dem Verwaltungshandeln zugrunde liegenden konkreten Rechtsvorschriften und die mit diesen verfolgten Ziele zu beachten   (1 Ob 19/13w   = SZ 2013/35; vgl RIS-Justiz RS0049882).

Der Oberste Gerichtshof vertrat bisher die Ansicht, eine Gemeinde werde beim Betrieb eines Kindergartens (damals nach dem Krnt KindergartenG 1975 [LGBl 1975/139]) nicht in Vollziehung der Gesetze, sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig, während das Land (Kärnten) in Wahrnehmung der Aufgaben bei der Bewilligung der Errichtung und des Betriebs von Kindergärten sowie der Aufsicht über die Kindergärten im Bereich der Hoheitsverwaltung tätig werde (1 Ob 42/79 = SZ 53/12 = RIS-Justiz RS0050169; vgl, ebenso eine Zurechnung des Betriebs des Kindergartens zur Privatwirtschaftsverwaltung vornehmend, 7 Ob 239/06g; die Frage offenlassend 1 Ob 8/91 und [im Hinblick darauf, dass es sich um ein Regressverfahren handelte] 1 Ob 107/06a). Zutreffend hoben die Vorinstanzen hervor, dass die erst danach eingeführte Besuchspflicht im verpflichtenden Kindergartenjahr, dem Jahr vor Beginn der Schulpflicht, vom Obersten Gerichtshof in diesen Entscheidungen nicht berücksichtigt werden

Mit dem „verpflichtenden Kindergartenjahr“ soll bei Kindern, die im Jahr darauf der Schulpflicht unterliegen, die Erreichung der Schulreife unterstützt

Da Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiet des Kindergarten- und Hortwesens Landessache ist (Art 14 Abs 4 lit b B-VG), schlossen der Bund und die Länder zur bundesweiten Einführung dieses verpflichtenden Kindergartenjahres die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Einführung der halbtätig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen   (BGBl I 2009/99     idF BGBl I 2013/203, berichtigt mit BGBl I 2014/5). Das erklärte Ziel der Vereinbarung ist es, einen verpflichtenden Kindergartenbesuch im Ausmaß von 16 bis 20 Stunden an mindestens vier Tagen pro Woche im letzten Jahr vor der Schulpflicht einzuführen, um allen Kindern beste Bildungsmöglichkeiten und Startchancen in das spätere Berufsleben unabhängig von ihrer sozioökonomischen Herkunft zu bieten (Art 1 Abs 1 der Vereinbarung). Die institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen haben die in ihrem Art 2 Abs 1 festgehaltene Aufgabe, durch altersgemäße Erziehung und Bildung die körperliche, seelische, geistige, sittliche und soziale Entwicklung im besonderen Maße zu fördern und nach erprobten Methoden der Kleinkindpädagogik die Erreichung der Schulfähigkeit zu unterstützen.

Dieser Besuch sollte kostenlos sein, um Familien weiter zu entlasten (Art 1 Abs 2 der Vereinbarung), weswegen ein Kernpunkt der Vereinbarung die anteilsmäßige Finanzierung der Maßnahmen durch den Bund ist (Art 6 der Vereinbarung).

Die Vereinbarung basiert auf der Vermutung, dass vor allem Kinder aus sozioökonomisch schwachen Familien oder Kindern mit Migrationshintergrund nicht im Kindergarten oder vergleichbaren pädagogischen Einrichtungen vor Schuleintritt betreut werden und die Bildungsarbeit     in     diesen     Angeboten     wesentlich     zu psychischen, kognitiven und sozialen Entwicklung wie auch zur Erreichung der Schulfähigkeit beiträgt (ErläutRV 205 BlgNR XXIV. GP 1).

Dieser Vereinbarung folgte einerseits die Umsetzung in den jeweiligen Kindergartengesetzen der Länder und andererseits auf Bundesebene mit Art 4 des Gesetzes BGBl I 2010/61 die Einbeziehung jener Kinder, die im letzten Jahr vor der Schulpflicht eine institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung verpflichtend besuchen, in die Teilversicherung nach dem ASVG und damit in den Unfallversicherungsschutz nach § 8 Abs 1 Z 3 lit l, § 175 Abs 4 ASVG, womit auch den Trägern der Kinderbetreuungseinrichtungen   das   Haftungsprivileg   nach 333 und § 335 Abs 3 ASVG zu Gute kommt. Die Regelung, dass diese Kinder für das gesamte Ausmaß ihres Besuchs der Kinderbetreuungseinrichtung der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterliegen (auch über die verpflichtenden 16 bis 20 Stunden hinaus), erfolgte aus Praktikabilitätsgründen (153 ME XXIV. GP 2, 18).

Das Kindergartenwesen im Bundesland Vorarlberg, wo der Kläger den Kindergarten besuchte, ist im Vorarlberger Kindergartengesetz (Vlbg KGG; LGBl 2008/52 idF LGBl 2013/44). Danach sind Kindergärten eine Einrichtung zur Unterstützung und Ergänzung der familiären Betreuung, Erziehung und vorschulischen Bildung von Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren (§ 1 Abs 2 Vlbg KGG).

Die im Gesetz genannten Aufgaben der Gemeinde – ausgenommen jene nach § 13a (betreffend die Prüfung des Sprachförderbedarfs nicht angemeldeter Kinder) – sind solche des eigenen Wirkungsbereichs (§ 23 Vlbg KGG). Rechtsträger eines Kindergartens kann nicht nur jede   inländische   Gebietskörperschaft   als   Träger   von Privatrechten sein, sondern auch jede voll handlungsfähige, verlässliche natürliche oder juristische Person mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder Sitz im Inland (bzw solchen gleichgestellte; § 2 Abs 1 Vlbg KGG). Der Betrieb eines Kindergartens muss mindestens drei Monate vor der beabsichtigten Eröffnung angezeigt werden und darf erst aufgenommen werden, wenn innerhalb dieser Frist der Betrieb von der Bezirkshauptmannschaft nach Beiziehung der Kindergarteninspektorin   nicht   untersagt   wird   (§ 4 Vlbg KGG).

Gemäß dem Vlbg KGG ist Aufgabe der Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen die Betreuung, Erziehung und vorschulische Bildung der Kinder im Kindergarten und bei Veranstaltungen im Rahmen des Kindergartenbetriebs, wobei die Betreuung insbesondere die Sorge um die körperliche Sicherheit und Gesundheit der Kinder umfasst (§ 8 Abs 1 Vlbg KGG). Die Erziehung und vorschulische Bildung in Kindergärten ist nach den Erfahrungen der   Erziehungswissenschaften, der Lernforschung und der Kinderpsychologie und soweit dies in Betracht kommt nach den Erfahrungen der Sonder – und Heilpädagogik durchzuführen.

Sie ist nicht als Unterricht im Sinne der Schule zu gestalten (§ 11 Abs 1 Vlbg KGG). Aufgabe der Erziehung und vorschulischen Bildung ist die Förderung der geistigen, seelischen, sozialen, religiösen, ethischen und körperlichen Entwicklung der Kinder. Kinder sind ohne Zeit- und Leistungsdruck auf spielerische Art und Weise auf die Schule vorzubereiten. Insbesondere sind auch die Kenntnisse der deutschen Sprache zu fördern (§ 11 Abs 2 Vlbg KGG).

Während der Besuch grundsätzlich freiwillig ist (§ 13 Abs 1 Vlbg KGG), besteht für Kinder, die im Folgejahr schulpflichtig werden, und für Kinder, bei denen ein Sprachförderbedarf nach § 13a Vlbg KGG festgestellt wurde, Besuchspflicht im Ausmaß von 16 bis 20 Stunden an mindestens vier Werktagen pro Woche (§ 13b Abs 1 und 2 Vlbg KGG). Aufgrund eines Antrags der Eltern (Erziehungsberechtigten) können mittels Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kinder von der Besuchspflicht ausgenommen werden, wenn (ua) durch den Besuch einer sonstigen Kinderbetreuungseinrichtung oder im häuslichen Bereich die Wahrnehmung der Bildungsaufgaben nach der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG sichergestellt ist (§ 13b Abs 3 und 4 Vlbg KGG). Eltern (Erziehungsberechtigte), die ihrer Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder zum Besuch des Kindergartens angemeldet werden und der Besuchspflicht nachkommen (§ 15 Vlbg KGG), nicht entsprechen, sind von der Bezirkshauptmannschaft mit einer Geldstrafe bis zu 220 EUR zu bestrafen (§ 24 Vlbg KGG)

Der Besuch eines Kindergartens, dessen Rechtsträger eine Gebietskörperschaft ist, ist für Kinder, die am 31. August vor Beginn des Kindergartenjahres ihr fünftes Lebensjahr vollendet haben, im festgelegten Stundenausmaß der Besuchspflicht, jedenfalls aber vormittags bis 12:30 Uhr entgeltfrei (§ 16a Abs 1 Vlbg KGG), womit sichergestellt werden sollte, dass die der Besuchspflicht unterliegenden Kinder jedenfalls einen Kindergarten der Gemeinde entgeltfrei besuchen können ( 71. Beilage im Jahr 2009 zu den Sitzungsberichten des XXVIII. Vorarlberger Landtags 10).

Die Vorinstanzen haben wegen der gesetzlich angeordneten Besuchspflicht, die gegenüber den Erziehungsberechtigten mit Strafe durchgesetzt wird, unter Hinweis auf den Gleichklang einzelner Regelungen zum Schulwesen und die Einbeziehung in die Unfallversicherung nach dem ASVG den Betrieb des Kindergartens der Hoheitsverwaltung unterstellt.

Die Einbeziehung in die Unfallversicherung nach dem ASVG kann eine Zurechnung zur Hoheitsverwaltung höchstens indizieren, sie vermag aber eine gesetzliche Ausgestaltung im Vlbg KGG in den Formen der Hoheitsverwaltung, etwa durch Anordnung entsprechender rechtstechnischer Mittel zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgabe (vgl RIS-Justiz RS0049882), nicht zu ersetzen. Rechtstechnische Mittel, die der Hoheitsverwaltung eigentümlich sind (vgl RIS-Justiz RS0049882 [T8]) wurden den Rechtsträgern der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung im hier zu untersuchenden Vlbg KGG aber nicht eingeräumt.

Wenn auch ähnliche Vorschriften wie im bundesgesetzlich geregelten Schulbereich zur Durchsetzung der Besuchspflicht (vgl die Verhängung von Geldstrafen bis zu 440 EUR durch die Bezirksverwaltungsbehörden nach § 24 SchulpflichtG – SchPfG – 1985) und zu deren Entfall (vgl die Vorschriften über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht in § 11 ff SchPfG 1985) im Vlbg KGG vorgesehen sind, darf nicht übersehen werden, dass gerade in diesen Fällen die Entscheidung durch die Bezirksverwaltungsbehörde, nicht aber durch die Rechtsträger der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung vorgesehen ist. Diesen Rechtsträgern, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sein müssen, wurden im Vlbg KGG keine Befugnisse eingeräumt, Befehlsgewalt auszuüben.

Auch kann nicht davon gesprochen werden, dass die Erfüllung einer Erziehungsaufgabe per se nach der Art der Tätigkeit   allein   als   typisch   staatlich (vgl zur Abgrenzung danach Binder, Der Staat als Träger von Privatrechten 9f) anzusehen ist. Erziehung findet sowohl im Privatbereich durch Eltern und Familie als auch im staatlichen Bereich statt. Richtig ist, dass nach ständiger Rechtsprechung und einhelliger Lehre die Erteilung des Unterrichts von den Volksschulen bis zu den Universitäten hoheitlich ausgeübt wird und Lehrer in ihrer eigentlichen Funktion, der Unterrichts- und Erziehungsarbeit, zu der auch die Beaufsichtigung gehört, hoheitlich tätig werden (1 Ob 4/88 = SZ 61/62 uva; Schragel aaO Rz 78 mwN; Ziehensack, AHG 1 Rz 1735 ff; so schon Loebenstein/Kaniak, AHG, Nachtrag [1957] 13 unter Verweis auf 1 Ob 802/51 [nicht veröffentlicht]; ausführlich 1 Ob 29/14t unter Darstellung der Judikatur zum hoheitlich Tätigwerden auch bei Züchtigung oder Verletzung durch unvorsichtige Handbewegung; RIS-Justiz RS0049933; RS0022978; RS0050061). Dabei wird aber an die den Lehrern eingeräumten hoheitlichen Befugnisse, Zeugnisse auszustellen, Prüfungen abzuhalten, Lehramtsanwärtern auszubilden und die geltenden Schulrechtsvorschriften   zu   vollziehen,   angeknüpft   (vgl 7 Ob 723/86 = RIS-Justiz RS0049863 [zu Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht]; 1 Ob 29/14t). Loebenstein/Kaniak (AHG 47) verweisen noch auf die wegen der gesellschaftlichen Entwicklung mittlerweile in den Hintergrund getretene Zwangsgewalt bei der Schuldisziplin. Die Erteilung des Unterrichts bleibt hoheitliche Tätigkeit, auch wenn keine Schulpflicht mehr besteht und eine (höhere) Schule (oder Universität) freiwillig und ohne Androhung von Zwang besucht wird (vgl den zu 1 Ob 296/03s = SZ 2004/145 entschiedenen Sachverhalt, dem die Klage des zum Unfallzeitpunkt sechzehnjährigen Schülers der 6. Klasse eines Bundesrealgymasiums zu Grunde lag, also keine Pflicht zum Schulbesuch (mehr) bestand.

Vergleichbare hoheitliche Befugnisse, die den Rechtsträgern der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen übertragen worden wären, fehlen nach dem Vlbg KGG völlig.

Auch wenn die besuchspflichtigen Kinder im Rahmen des verpflichtenden Kindergartenjahres auf den Unterricht vorbereitet werden, soll die   Erziehungsarbeit gerade nicht als Schulunterricht gestaltet werden (vgl § 11 Abs 1 Vlbg KGG). Nach den Materialien soll das Lernen in Kinderbetreuungseinrichtungen nicht schulartig, sondern spielerisch und möglichst individuell erfolgen. Starre Zeitstrukturen und schulartige Unterrichtseinheiten seien nicht angebracht (ErläutRV 205 BlgNR XXIV. GP 3). Anders als im Schulbereich findet im Kindergarten auch keine Form der Leistungsfeststellung oder Überprüfung einer Zielerreichung (der Schulreife) statt.

Der charakterisierende Schwerpunkt liegt auch im verpflichtenden Kindergartenjahr vor Beginn der Schulpflicht in der Unterstützung der Eltern bei der Betreuung des Kindes. Ist aber die Erziehung und vorschulische Bildung der Kinder im Kindergarten keine Aufgabe, die ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur ist, dann liegt auch in der Aufsicht über die nach § 13b Abs 1 lit a Vlbg KGG besuchspflichtigen Kinder keine in einem hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang stehende Mitwirkung an einer hoheitlich zu verrichtenden Aufgabe, die als mit deren Erfüllung verbundene Verhaltensweise als in Vollziehung der Gesetze erfolgt anzusehen wäre (vgl RIS-Justiz RS0049948).

Daraus folgt: Eine Gemeinde wird beim Betrieb eines Kindergartens   nach   dem   Vlbg KGG   (LGBl 2008/52   idF LGBl 2013/44) auch bei der Betreuung der nach § 13b Abs 1 lit a Vlbg KGG besuchspflichtigen Kinder nicht in Vollziehung der Gesetze, sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig.

Da die Vorinstanzen somit zu Unrecht annahmen, dass es sich beim geltend gemachten Anspruch um einen solchen nach dem AHG handle, woraus sie die Unzuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichts nach 9 Abs 1 AHG ableiteten, ist dem Revisionsrekurs des Klägers Folge zu geben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund aufzutragen.